Arthur Schopenhauer schrieb:
“Daher sind wir stets bedacht aufzufinden was uns fehlt und darauf unsre Betrachtung zu richten: was wir aber besitzen, läßt jene Maxime uns ungestöhrt übersehn: daher wir, sobald wir etwas erlangt haben, ihm viel weniger Aufmerksamkeit schenken als vorher, selten bedenken was wir besitzen, stets was uns fehlt.”
Kürzlich hatte ich die Ehre, einen Workshop mit knapp 20 Führungskräften zu gestalten. Es ging um eines meiner Lieblingsthemen: “Selbstbewusstsein stärken“.
Diese Führungskräfte sind Leistungsträger ihres Unternehmens.
Als ich sie nach ihren Erfolgen fragte, kamen nur zögerliche Antworten, sie mussten teilweise lange überlegen.
Dabei sind sie reich an Erfolgen!
ABER … sie fahren auf dem gleichen Zug wie so viele Menschen. Ein Ziel erreichen, abhaken, weiter. Stündlich, täglich, wöchentlich, monatlich, immer.
Es geht von einem Bahnhof zum nächsten, immer fokussiert auf die Arbeit, kaum wahrnehmend, welcher Bahnhof gerade erreicht wurde.
… und dann kommt jemand wie ich und fragt nach den Erfolgen, fordert Sie dazu auf, sich mit ihren Erfolgen auseinanderzusetzen, sie anzuschauen. Das ist ungewohnt und für Viele unangenehm.
Was zählt denn eigentlich als Erfolg?
Zählt es als Erfolg, ein gutes, erfüllendes, inspirierendes Gespräch zu führen, das beide Gesprächspartner beschwingt und bereichert? (… auch wenn kein konkretes Ergebnis dabei herauskommt)
Zählt es als Erfolg, “Nein” zu sagen, wenn es angebracht ist?
Zählt es als Erfolg, in mir eine neue Stärke zu entdecken, die ich noch weiter ausbauen und nutzen kann?
Die Antwort fast aller Menschen ist “Nein”, das zählt doch nicht als Erfolg!
Für Viele zählt es nur als Erfolg, wenn sie “etwas Großes” vollbracht haben. Ein wichtiges Ziel erreicht, ein Projekt komplett und ohne Verzögerung abgeschlossen, eine Beförderung, eine Gehaltserhöhung. Vielleicht noch ein Lob und Anerkennung von außen – aber nur, wenn der Anlass auch ‚groß und wichtig genug ist‘.
Dazu kommt, dass selbst dann, wenn etwas gut läuft, wir oft noch „ein Haar in der Suppe finden“. Irgendetwas, das nicht so lief, wie wir uns das vorgestellt haben.
Als Angestellte eines großen Konzerns hatte ich regelmäßig Mitarbeitergespräche. Schon Wochen vorher war mir mulmig, denn ich wusste ganz genau, dass es wieder irgendetwas zu ‚verbessern‘ gab. Das war Teil des Prozesses, denn es ging ja immer um Weiterentwicklung, also musste es Themen geben! Für mich waren es immer Schwächen, die es zu eliminieren galt.
Was ich “zur Kenntnis nahm” waren die 90 bis 95 % positiven Rückmeldungen. Ich freute mich kurz, fand mich bestätigt und dann fokussierte ich mich darauf, was ich noch zu verbessern hatte.
Das führte dazu, dass ich mich immer viel schlechter fühlte als ich von Anderen gesehen wurde. Meine vielen Erfolge, meine eigenen Stärken waren selbstverständlich, ich machte sie mir selbst nicht bewusst! Ich hatte ein mangelndes Selbstbewusstsein!
Selbstbewusstsein oder Selbstverständlichkeit – Die Falle
Indem wir nur diese sogenannten großen Erfolge als Erfolg zählen, sind wir arm an Erfolgen – genau so fühlen wir uns auch!
Wir sind uns nicht dessen BEWUSST, was wir tagtäglich alles leisten, denn alles ist selbstverständlich – übrigens auch die großen Erfolge.
Beförderung? Super, ich freue mich kurz! Doch dann sehe ich all die Herausforderungen, die mich erwarten und schon bin ich wieder im Erreichen – Abhaken – Weiter – Modus!
Dann wundere ich mich, dass ich unzufrieden werde, dass ich oft unter Druck stehe, dass ich “einer Karotte hinterherlaufe”, die ich nie erreichen kann.
Ich stecke fest in meiner Pflichterfüllung, in meinem Image als zuverlässige Kraft, auf die jeder bauen kann, in meiner Selbstverständlichkeit.
Ziehe ich daraus eine gewisse Befriedigung oder habe ich das Gefühl, dass das Leben an mir vorbeizieht?
Dann kommt die „Wenn … Dann … Falle“!
Wenn ich dieses Projekt geschafft habe, dann …
Ja, was dann?
Dann kommt das nächste und das nächste und das nächste!
Überholt
Diese Haltung ist heutzutage eine echte Falle!
Wir leben in Zeiten ständiger Weiterentwicklung, ständigen Lernens. Alles ist im Wandel, das macht uns zu schaffen. Kaum haben wir etwas erreicht, ist es schon wieder veraltet.
Wer in dieser Haltung verharrt und auf bessere Zeiten hofft ist im besten Falle häufig unzufrieden. Im schlechtesten Falle haut es ihn aus der Kurve und nichts geht mehr.
Der Zug fährt ohne ihn weiter.
Selbstbewusstsein oder Selbstverständlichkeit – Was tun?
Im Sinne einer Steigerung des Selbstbewusstseins ist die Antwort relativ einfach: Sich selbst BEWUSST machen, wie gut Sie selbst sind!
Welche kleinen Erfolge haben Sie – und es gibt JEDEN TAG welche!
Welche Stärken haben Sie – und davon gibt es viele!
Nichts ist selbstverständlich, alles ist Besonders!
Gewöhnen Sie sich an den Gedanken, dass Sie reich an Erfolgen, Stärken, Fähigkeiten, Kompetenzen sind!
Mit diesem Bewusstsein entwickeln Sie die Basis für Weiterentwicklung. Sie wissen und schätzen, was Sie können – das fühlt sich sehr gut an! Auf dieser Basis können Sie bewusst wählen, in welche Richtung Sie sich noch weiterentwickeln wollen. Jede Entwicklung ist eine Bereicherung und kein “Löcher stopfen” mehr.
Übrigens: Haben Sie schon mein Video zum Thema „Selbstbewusstsein oder Selbstverständlichkeit” gesehen? Schauen Sie mal rein:
Was hindert Sie daran?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie unangenehm es anfangs war!
Ständig habe ich diese kleinen Erfolge abgetan, das ist doch nichts Besonderes! Das kann doch jeder! Gib nicht so an! …
Es geht aber daran, sich daran zu gewöhnen, dass man gut ist!
DAS GEHT!
Man muss es nur wollen! … und plötzlich werden wir uns unserer SELBST BEWUSST – in allen Aspekten, nicht nur in den sogenannten Schwächen und Mängeln, sondern auch und vor allem in unseren Stärken und Fähigkeiten!
Das macht uns Ganz, wir sind uns SELBST BEWUSST, wir wissen, was wir können und setzen es BEWUSSTER ein, wir können die Frage nach unseren Erfolgen, nach unseren Stärken und unserer Leistung sofort beantworten.
Der angenehme Seiteneffekt ist, dass wir selbstbewusst für uns einstehen, wir wissen, was wir können …
Selbstbewusstsein oder Selbstverständlichkeit – Ich lade Sie ein!
Ändern Sie Ihren Fokus auf alles, was gut läuft, auf Ihre Stärken, Kompetenzen, auf alles, was Sie geschafft haben und feiern Sie sich dafür!
Legen Sie mehrmals am Tag einen „Stopp“ ein! Atmen Sie tief durch! Finden Sie heraus, wo Sie in Ihren Gedanken gerade unterwegs sind und bringen Sie sich selbst zurück ins Hier!
Entscheiden Sie bewusst, ob das, was Sie gerade tun und das was Sie gerade denken Sie selbstbewusster macht – im positiven Sinne!
Es ist Ihr Leben! Leben Sie es! Entscheiden Sie sich dafür, sich Ihrer selbst bewusster zu werden, stellen Sie Ihre Überzeugungen auf den Prüfstand und wählen Sie diejenigen, die gut für Sie sind.
Denn genau das bedeutet SELBSTBEWUSSTSEIN!
Sie haben Zweifel daran, dass das geht oder dass dieser Ansatz Sie selbstbewusster macht?
Lassen Sie es mich wissen, gerne per Kommentar unter diesem Blog oder per E-Mail.
Wie immer freue ich mich auf und über lebhafte Diskussionen.
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Angelika Mändle