Haben sie auch gerade das Gefühl, dass Sie in der heißesten Zeit des Jahres stecken?
Damit meine ich natürlich nicht die Außentemperaturen. Im Gegenteil, draußen wird es dunkler, kälter, nebliger, die Natur zieht sich zurück, die Blätter sind von den Bäumen gefallen, alles wird langsamer und fällt langsam in den Winterschlaf.
Wir Menschen hingegen stecken gerade in der aktivsten Zeit des Jahres. Das Ende des Jahres naht, die Ziele sind vielleicht noch nicht erreicht, wir legen einen Zahn zu oder auch zwei oder drei. Dazu kommen viele Veranstaltungen, die Vorweihnachtszeit, Geschenke besorgen, Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfeiern, dies und das organisieren, vielleicht möchte man auch mit der Familie noch schöne Stunden gemeinsam verbringen und versucht, alles unter einen Hut zu bringen.
Eigentlich bräuchten wir jetzt Zeit für uns, aber die vielen Dinge, die noch erledigt werden müssen, die Ziele, die noch erreicht werden wollen, die Anforderungen, die erfüllt werden wollen lassen uns rennen. Wir müssen funktionieren und am liebsten wollen wir alles auf einmal machen. Bei manchem kommt dann noch die Angst, “es” nicht zu schaffen, die Ziele nicht zu erreichen. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen wie Sie besser Stress abbauen können.
All das führt zu Stress, bei manchen zu richtig heftigem Stress.
Wir rennen im Hamsterrad, schauen weder links noch rechts, hoffen, dass wir auch weiterhin funktionieren und alles auf die Reihe bringen. Wenn etwas Unvorgesehenes kommt, “kriegen wir die Krise”, der Stress wird noch größer.
Ich sehe das gerade wieder verstärkt überall um mich herum und ich merke es an mir selbst. Es ist ein Gefühl, als müsse man alles gleichzeitig tun – aber das geht gar nicht. Schon seit langem ist bekannt, dass Multitasking weder von Frauen noch von Männern beherrscht werden kann.
Mithilfe von Experimenten wurde definitiv festgestellt, “… dass wir zu jedem Zeitpunkt eigentlich nur jeweils eine einzige Sache registrieren…”.
[Nick Chater, Neurowissenschaftler, im Interview mit GEO, Ausgabe 11 2019]
Dieses ständige Hin- und Herschalten strengt uns enorm an, wir vergeuden Energie und tun so, als wären wir damit effizient.
Das Gegenteil ist der Fall.
Es gibt bei uns im Schwäbischen ein nettes Sprichwort: “Schon meine Oma hat gesagt – wenn’s pressiert musst Du langsam machen”, frei übersetzt: wenn Du es eilig hast, schalte einen oder besser zwei Gänge runter.
Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan. Alles in uns sträubt sich, das zu glauben. Wir wollen einen Beweis. Den Beweis dafür, dass es besser und effizienter ist, ein oder zwei Gänge zurückzuschalten bekommen Sie aber erst, wenn Sie es selbst ausprobiert haben.
Der erste Schritt um Stress abbauen zu können ist es:
- sich selbst klar zu machen, bewusst zu machen, dass man Stress hat und dann
- die Entscheidung zu treffen, dass man etwas ändern möchte.
Das allein ist für Viele schon ein großer Schritt, der manchmal gar nicht so einfach ist. Wir sind es gewöhnt, wenn wir morgens aufstehen schon die Probleme und Aufgaben des Tages zu wälzen. Wir sind es gewöhnt, dass unsere Gedanken ständig voraus eilen. Wir sind es gewöhnt, uns ständig mit Anderen zu vergleichen und zu bewerten.
Die Vorstellung, daran etwas zu ändern ist für Viele schwierig.
Deshalb: überlegen Sie sich gut, ob Sie sich weiter diesem größtenteils selbstgemachten Stress aussetzen wollen oder ob Sie etwas ändern wollen.
Ich finde, jetzt ist eine gute Zeit, das zu tun! Sie sagen vielleicht: nicht jetzt, jetzt habe ich keine Zeit dazu – das mache ich, wenn’s ruhiger wird. Dann erinnere ich Sie nochmal an das Sprichwort der Oma und die Stressbewältigung.
Sollten Sie sich dennoch entscheiden, jetzt etwas zu ändern, hätte ich eine Einladung für Sie: es ist die Einladung dazu, achtsamer zu werden.
Oh je! Bin ich gerade dabei, Sie zu verlieren? Ist das “esoterischer Nonsens” für Sie?
Dann geht es Ihnen wie mir früher!
Wenn auch nur jemand das Wort “Achtsamkeit” erwähnt hat bin ich sofort ausgestiegen. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wozu das gut sein sollte. Für mich stand das Wort “Achtsamkeit” – genau wie das Wort “Loslassen” – in Zusammenhang mit Kontrollverlust, mit Leistungsabfall, mit Ineffizienz und das ging gar nicht.
Bis ich irgendwann damit begonnen habe, mich damit zu beschäftigen, wie meine Gedanken funktionieren, wie mein Gehirn funktioniert. Ich bekam plötzlich Lust und Interesse, zu erforschen, was es mit dieser Achtsamkeit auf sich hatte. Naja, ich gestehe, das war in einer Zeit, in der ich so viel Stress hatte, dass es grenzwertig wurde. Ich musste etwas verändern, um meine Gesundheit zu erhalten indem ich den Stress abbaute.
Was machen um Stress abzubauen?
Stress abbauen lässt sich hervorragend mit Mediation.
Ich buchte ein Anfänger-Wochenende im Benediktushof in Holzkirchen/Unterfranken, um Meditation zu “lernen”. Zwei Tage Einführung in Zen Meditation im Sitzen (Zazen) und Gehen (Kinhin) fühlten sich damals an wie eine Ewigkeit – mein Geist kam nicht wirklich zur Ruhe, ich starrte beim Sitzen auf die Wand vor mir, prägte mir mit der Zeit jeden kleinsten Fleck der Farbstruktur an der Wand ein, überlegte parallel dazu, was ich in der kommenden Woche alles zu tun hatte, überlegte mir, ob es wirklich eine gute Idee war, diese Zen-Einführung zu machen – um damit Stress abbauen zu können – und wusste beim besten Willen nicht, wo das hinführen würde.
ABER: als ich nach Hause fuhr war ich entspannt und im positiven Sinne leer wie nie zuvor. Während ich zwei Tage lang mit mir selbst, meinen Erwartungen und meinen Gedanken gekämpft hatte war “etwas” passiert. Das hielt noch einige Tage an, ich war beeindruckt.
Dann versuchte ich noch geführte Meditationen – davon gibt es gefühlt unendlich viele im Internet zu finden. Ich suchte mir immer das aus, was eben gerade passte.
Ich gestehe, ich werde wohl nie eine Meditationsmeisterin, aber darum geht es für mich auch gar nicht. Ich bemerke nur, dass in stressigen Zeiten 20 bis 30 Minuten Meditation am Tag mich zu mir zurückbringen.
Ein weiterer Tipp um Stress abzubauen: Achtsame Momente
Ein anderer Ansatz, den ich sehr spannend finde ist es, achtsame Momente in den Tag zu integrieren. Manchen meiner Kunden empfehle ich, sich eine App auf’s Smartphone zu laden, die sie regelmäßig, z.B. stündlich daran erinnert. Dabei werden manche herrlich kreativ. Ein Kunde nahm ein Audio mit eigener Stimme auf, das sich dann stündlich meldete mit der Erinnerung daran, dass es jetzt wieder Zeit wäre für ein paar Minuten Achtsamkeit.
Stress abbauen – am Besten schon beim Aufstehen:
- Wie stehe ich heute, jetzt gerade auf?
- Was mache ich jetzt als erstes?
- Wie ziehe ich mich jetzt an?
- Welche Kleidungsstücke wähle ich jetzt?
Anstatt alles automatisch abzuspulen und dabei mit den Gedanken schon beim ersten Meeting oder den Herausforderungen des Tages zu sein, starten Sie den Tag mit sich selbst – dem wichtigsten Menschen in Ihrem Leben.
Sie könnten unter der Dusche das warme Wasser spüren anstatt die To-Do-Liste des Tages durchzugehen.
Sie könnten beim Frühstück und/oder der ersten Tasse Kaffee ganz bewusst den Geschmack wahrnehmen, anstatt nebenher die Zeitung zu lesen. … oder lesen Sie die Zeitung und frühstücken nebenher?
Sie könnten auf dem Weg zur Arbeit Ihre volle Konzentration auf den Weg legen, Radio aus, Handy aus und die Umgebung bewusst wahrnehmen.
… und wenn Sie im Stau stehen könnten Sie sich darüber freuen, dass Sie genau an dieser Stelle jetzt die Umgebung genauer betrachten können, anstatt sich darüber aufzuregen, dass es nicht weitergeht.
Egal was Sie tun, der Stau bleibt der Stau.
Aber Ihre innere Einstellung dazu können Sie ändern und sich über die Gelegenheit zur achtsamen Beobachtung freuen. Dann kommen Sie entspannt an, nicht gestresst.
Achtsamkeit kann auch bedeuten, Alltägliches aus einer anderen Perspektive zu betrachten und Routinen zu durchbrechen: etwa einen anderen Weg als üblich zu nehmen, Musik zu hören, die man sonst nie hört, oder mit der linken anstatt der rechten Hand zu essen.
Letzteres ist eine Lieblingsübung zum besseren Umgang mit Stress von mir – ich bin Rechtshänderin und mache oft bewusst etwas für ein paar Minuten mit links, z.B. Zähneputzen oder schreiben.
Was soll das bringen um Stress abbauen zu können?
Der Diplompsychologe und Meditationsforscher Ulrich Ott von der Universität Gießen beschreibt die positive Wirkung mit folgendem Bild:
“Ich gehe beim Meditieren auf einen Berg und schaue hinunter ins Tal. Das heißt, ich bin nun in einer Position, die ein bisschen dem Alltagsgeschäft enthoben ist und kann auf das Ganze herunterschauen.”
Dadurch seien wir nicht mehr völlig mit den eigenen Gefühlen und Gedanken identifiziert. Dieser Abstand lasse ein zunehmendes Vertrauen entstehen, dass “sich sogar die größten inneren Dramen wieder auflösen, wenn wir es schaffen, nicht auf die entsprechenden Gedanken einzugehen”, sagt der Psychologe Peter Malinowski von der Universität Liverpool.
Ich gestehe, dass ich einige Zeit gebraucht habe, um zu akzeptieren und zu verstehen, dass Achtsamkeit, sei es durch Meditation oder durch achtsame Momente, mein Leben angenehmer, erfüllter, vor allem erfolgreicher macht.
Heute spüre ich recht schnell, wenn es für mich wieder Zeit ist, Stress abbauen zu müssen und somit achtsamer zu werden, so wie jetzt gerade.
Jetzt ist die beste Zeit dazu!
Viel Erfolg damit.