Chaos oder Ordnung? Aufschieben oder gleich erledigen? Welcher Typ sind Sie und wie können Sie ihr Zeitmanagement verbessern?
Es scheint, als wären Disziplin und Ordnung erstrebenswerte Eigenschaften, die uns gerne auch als Ideal vorgesetzt werden.
Ich habe mal einen Zeitmanagement Kurs belegt, und nicht schlecht gestaunt darüber, wie viele Methoden und Tipps es gibt, um die eigenen Zeit besser zu “managen”.
Da war die Rede von der Eisenhower-Methode, der Pareto-Methode, Eat the Frog, Getting Things Done oder der “Zeitflussanalyse”.
Ich habe einiges ausprobiert, um meine Zeit besser zu managen und weniger chaotisch zu sein. Chaos war für mich eine Eigenschaft, die es zu eliminieren oder zumindest zu unterdrücken galt.
Ich schaue mir das heute mit Vergnügen nochmal aus meiner heutigen Perspektive an, zumal ich beim Gedanken an “Disziplin und Ordnung” immer noch beinahe “die Krise kriege”.
Gehören Sie auch zu den Menschen, die in ihrer Jugend ständig zu hören bekamen “räum’ Dein Zimmer auf”? Oft war das auch mit disziplinarischen Androhungen gepaart, wie “wenn Du Dein Zimmer nicht bis heute Abend aufgeräumt hast, gehst Du nicht zur Party”. Wäre ich heute jung, wäre die stärkste Androhung wohl eher der Smartphone-Entzug.
In ihrer Verzweiflung ergreifen Eltern gerne jeden Strohhalm, der sich ihnen bietet, um das Kind zum Besseren zu erziehen. Ich würde sagen. “Netter Versuch”
Gefühlt mein ganzes Leben lang habe ich versucht, Ordnung zu halten und einigermaßen diszipliniert zu sein, soweit hat meine Erziehung wohl auch funktioniert.
Allerdings stoße ich ständig an meine Grenzen.
Verstehen Sie mich bitte richtig, ich finde es großartig, wenn Menschen
- täglich ihren Kalender abhaken und alles erledigen was sie sich vorgenommen haben.
- alles abarbeiten statt aufzuschieben.
- ihren Schreibtisch ordentlich halten und immer gleich alles sofort aufräumen in der Überzeugung, dass alles, was jetzt dazu kommt die Sache nur noch schlimmer macht.
- ihr Email-Postfach täglich komplett abarbeiten, so dass am Abend keine Email mehr im Posteingang steht.
Wer diese Eigenschaft hat und dieses Vorgehen für sich als gut erachtet und empfindet, sollte keinesfalls danach streben, etwas zu ändern!
Es gibt so einige Meinungen zur Wirkung von Ordnung und Unordnung zur verbesserung des Zeitmanagements – ich lese sie gerne mit einem Schmunzeln und mache mir dann meine eigene Meinung, basierend auf meinen Beobachtungen:
- Wenn man jeden Morgen sein Bett macht, fühlt man sich wohler und kann besser mit Geld umgehen. Davon ist ist der New York Times Journalist und Buchautor Charles Duhigg überzeugt.
- Noch weiter geht Autorin Gretchen Rubin. Sie ist sich sicher, dass ein ordentliches Zuhause zu mehr Glück und Zufriedenheit führt. Die wirkungsvollste Maßnahme ist in ihren Augen ebenfalls das Machen des Bettes am Morgen.
- Was nicht Eingeweihte als Chaos empfinden, kann für den anderen das Ergebnis eines Systems sein, in dem unwichtige Aufgaben im Chaos nach unten rutschen, während wichtige oben gehalten werden. Diese Vermutung stellen die Co-Autoren von “A Perfect Mess”, Eric Abrahamson und David H. Freedman, in den Raum. Sie sind der Überzeugung, dass es nicht darauf ankommt, ordentlich oder unordentlich zu sein. Wichtig ist, dass man sich in der Umwelt befindet, in der man selbst am besten funktioniert.
Mir wurde schon des öfteren gesagt, ich wäre viel effizienter, wenn ich strukturierter und ordentlicher wäre.
Ich sage dann immer gerne: “Netter Versuch, aber das bin nicht ich!” Jedesmal wenn ich in der Vergangenheit versucht habe, ordentlicher und strukturierter zu werden wuchs in mir die Verzweiflung. Ich schaffte es vielleicht zwei oder drei Tage, dann schlichen sich schon die ersten Nachlässigkeiten ein. Nach weiteren zwei Tagen war alles wieder beim Alten!
Mit einer Ausnahme:
Mein Selbstwertgefühl litt mit jedem Versuch ein bisschen mehr. Ich war ja unfähig, mir diese bemerkenswerte Eigenschaft anzueignen, so verbessert man sein Zeitmanagement nicht.
Schluss damit!
Zeitmanagement verbessern: Abarbeitung im “Flow”
Ich liebe es, Dinge abzuarbeiten, wenn ich “im Flow” bin – was ungefähr zwei- bis dreimal pro Woche der Fall ist. Dann bin ich super effizient und erledige in kürzester Zeit viele Dinge, für die ich unter anderen Umständen ewig bräuchte. Ist der “Flow” vorbei, bleibt das eben liegen bis zum nächsten Mal.
Ich liebe es aber auch, Dinge liegen zu lassen, wenn ich gerade nicht weiterkomme. Die arbeiten dann im Hintergrund und einige Zeit später habe ich Ideen und Lösungen, ohne meine Zeit damit verschwendet zu haben.
Die allerliebsten “Aufschieber” sind mir diejenigen, die sich durch’s Aufschieben von selbst erledigen.
Kennen Sie das? Sie bekommen Mails von Menschen, die irgendwelche allgemeinen Fragen haben oder Informationen von Ihnen bekommen möchten.
Wenn es sich um Anfragen von Kunden oder potenziellen Kunden handelt haben sie natürlich höchste Priorität und werden sofort beantwortet.
Wenn nicht, lasse ich solche Anfragen auch gerne mal ein paar Tage liegen und frage dann nach, ob die Infos noch gebraucht werden. Über 90 % werden nicht mehr gebraucht und ich habe einen Haufen Zeit gespart durch meine Aufschieberitis.
Ich habe nunmal nicht die Fähigkeit, immer sofort zu entscheiden.
Zeitmanagement verbessern: Geben Sie den Dingen Raum
Wichtige Entscheidungen schiebe ich sogar bewusst einen oder zwei Tage auf, um sie “wirken zu lassen”. Manchmal sage ich mir auch ganz bewusst: “das entscheide ich nicht” oder “das schiebe ich auf”!
Egal, welche Eigenschaft Sie haben – ob ordnungsliebend oder chaotisch oder ein bisschen von beidem, es ist gut so!
Verurteilen Sie sich nicht dafür! Im Gegenteil! Feiern Sie sich dafür!
Die Welt braucht Menschen mit allen Fähigkeiten – die Unterschiedlichkeit und die Vielfalt sind das, was wir brauchen.
Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie – egal ob Sie ordentlich oder chaotisch sind – auf Ihre ganz eigene Weise erfolgreich sind?
Gegen Aufschieberitis anzukämpfen ist für mich das gleiche wie der innere Schweinehund. Kennen Sie diesen inneren Schweinehund, der einen daran hindert, zum Sport zu gehen, obwohl es doch soo gesund ist.
Die Aufschieberitis wird auch immer größer und stärker, je mehr wir sie bekämpfen.
Anstatt also immer nur nach etwas zu streben, das mir nicht liegt, habe ich meinen Frieden gemacht mit meinem manchmal etwas chaotischen Wesen. … und ich habe entdeckt, dass dieses Wesen seine ganz eigenen Entwicklungen hervorgebracht hat. Fähigkeiten, Kompetenzen und Eigenschaften, die zu mir passen, die “meins” sind, so habe ich mein Zeitmanagement verbessert.
Dazu musste ich mich allerdings verabschieden von ein paar alten Überzeugungen.
Als Schwäbin bin ich mit der Kehrwoche aufgewachsen und wehe, die war am Samstagnachmittag noch nicht gemacht! Dann hat Dich jeder schief angesehen.
Es braucht ein bisschen Mut, dazu zu stehen, dass man die Dinge auf seine eigene Weise tut, aber es lohnt sich.
Es ist für mich heute undenkbar immer alles ordentlich zu haben, aber ich verstehe auch und finde sehr super, wenn Sie das können, wenn Sie Spaß daran haben.
Ich finde, es ist völlig irrelevant, ob ich ordentlich oder chaotisch bin, ob ich diese oder jene Eigenschaft habe. Viel wichtiger finde ich, seinen eigenen Weg zu finden, mit den Dingen umzugehen.
- Streben Sie nicht nach etwas, das sich für Sie nicht stimmig anfühlt!
- Streben Sie nicht nach etwas, das nicht zu Ihnen passt!
- Stehen Sie zu dem, was Sie sind und nutzen Sie Ihre eigenen Fähigkeiten!
Natürlich kann man sich in manchen Dingen weiter entwickeln, überhaupt keine Frage! Aber zuallererst geht es einmal darum festzustellen was macht mich aus.
Haben sie den Mut, genau zu dem zu stehen, wer oder was Sie sind und wenn sie Angst vor der eigenen Courage bekommen, dann ist das wunderbar!
Denken Sie daran: Sie sind gut genauso wie Sie sind sind!