Ein Interview über Ziele, Zielkonflikte und Entscheidungen, die stimmig sind.
Die Teilnehmerinnen: P: Petra Kühne / A: Angelika Mändle
P: Hallo liebe Angelika, ich freue mich, dass es nun geklappt hat. Ich habe auch die erste Frage an Dich. Wie bekommst Du es in Deinem Leben hin, wenn in Dir ein Konflikt entsteht, trotz Konflikt und Widerstand Deinen Weg zu gehen und nicht „männlich ausgedrückt: den Schwanz einzuziehen und zu sagen, ich lasse es lieber?“
A: Nett…(lacht).. Zu aller erst einmal habe ich viele Jahre Erfahrung darin, zu bemerken, wenn etwas in mir streitet. Das kann dann ein eigener innerer Konflikt sein oder mit meinem Umfeld. Mein derzeit aktuelles Beispiel ist die Entscheidung, meiner Mutter einen Pflegeheimplatz zu besorgen – obwohl sie das nie wollte und das auch sehr klar und häufig sagte.
Das ist ein wirklich spannender Konflikt! Da streiten meine Wünsche mit denen meiner Mutter und mit meinen alten Glaubenssätzen, also gleich mehrere Konfliktpartner, wenn Du so willst.
Lass uns das einmal auseinanderfieseln 😊 Ich stelle mir ein paar einfache Fragen:
Was will ich? Wo will ich hin? Was ist mein Ziel?
Was oder wer streitet da?
Was will in mir gesehen werden?
Das Allerwichtigste für mich ist, diesen Konflikt anzuschauen. Wegschieben funktioniert nicht, zumindest nicht für mich. Ich laufe ungern mit einem schlechten Gewissen durch die Gegend.
Ich finde es viel besser, hilfreicher und sinnvoller, mich diesen Fragen zu stellen und den Mut zu haben, für mich und meine Ziele einzustehen, auch gegen den Willen Anderer und manchmal auch gegen meine eigenen Glaubenssätze.
Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Klarheit und Verantwortung. Ich habe die Verantwortung für mein Leben und dafür, dass es mir gut geht. Spannenderweise entwickeln sich die Dinge dann meistens sehr positiv oder zumindest nicht negativ. Selbst in meinem aktuellen Beispiel – meine Mutter hat sich überraschend gut mit dem Pflegeheim arrangiert. Sie ist gut versorgt und bekommt viel Besuch.
Konflikte – welcher Art auch immer – sind für mich Schritte von Entwicklung.
Aber ich glaube, das verstehst du sehr gut! Wie machst Du das? Wie ist es bei Dir gerade mit Konflikten und inneren Widerständen und Ähnlichem?
P: Ich schau mir sehr wohl diese Seiten in mir an. Wenn ich merke, dass Konflikte entstehen mit Dingen, die ich gerne tun möchte, dies aber nicht möglich ist, weil etwas anderes rein grätscht. Statt voller Wut das andere zu machen sage ich, ok, dann mache ich es eben mit so viel Freude, wie es mir eben Freude machen kann.
Dann wird es auch wieder für mich leichter.
Ich reflektiere dann aber sehr wohl, warum es gerade passiert und was muss ich tun, dass mir das in Zukunft nicht mehr passiert. Ich glaube, es ist nicht das, was Du mit „Wegschieben“ beschrieben hast, sondern eher dieses „Nicht Verstehen“ im ersten Moment, dieses „Warum jetzt gerade das wieder passiert“ und sich dann damit auseinandersetzen.
Ich glaube, das sind die beiden Seiten, die in einem kämpfen. Diesen Seiten Raum zu geben und wenn ich es selbst nicht lösen kann, dann wirklich Hilfe von außen zu holen und nicht denken: „Ja… jetzt ist es halt so… jetzt muss ich das halt tun.“ Denn, das macht man nur ein- oder zweimal und irgendwann entsteht dann so eine innere Unzufriedenheit, die möglicherweise in eine Krankheit übergehen kann. Das ist das, worauf ich sehr achte. Ich glaube, wenn man da hinschaut, dann kann man diesen Notfall lösen und dafür sorgen, dass in Zukunft weniger solcher Notfälle passieren und ich auch einfach klar bin.
A: Sowohl Du als auch ich haben von Achtsamkeit und Bemerken gesprochen, wie bemerkst Du das, dass da gerade etwas schräg läuft?
P: Ich bemerke das schnell körperlich. Ich bekomme ein ungutes Gefühl, ich werde total kribbelig, es geht mir auf den Magen und über den Brustkorb. Ich werde kribbelig und unruhig. Daran merke ich: „Hoppla, jetzt aber Vorsicht!“ Wenn sich dann noch meine Bandscheiben melden, dann habe ich zweimal nicht ordentlich hingeschaut.
Das merke ich mittlerweile gut! Natürlich kann ich auch schon ein Ignorant sein in manchen Dingen. Aber mein Körper sagt dann: „Ja, wenn Du das dritte Mal nicht bemerkst, dann eben Deine Bandscheiben!“ Davor habe ich großen Respekt – ich hatte schon mal einen Bandscheibenvorfall!
Mein Körper ist so schlau, wenn ich wirklich auf meine Körperstimme höre, kann er für mich arbeiten und dann funktioniert das.
A: Diese körperlichen Signale kenne ich auch sehr gut. Darauf mache ich meine Kunden gerne aufmerksam. Denn der Körper sagt uns in der Regel sehr klar, wenn etwas schräg ist.
Ich persönlich merke es zwar nicht mit körperlichen Symptomen, bei mir ist es eher so eine Art Schwere. Ich habe dann irgendwie so das Gefühl, da passt was nicht. Und so sind wir unterschiedlich. Aber ich finde, es ist ein wichtiger Hinweis, dass Dein Körper da entsprechen oft reagiert.
P: Ich glaube auch, dass die Symptome bei jedem völlig unterschiedlich sind. Der eine wird vielleicht sprachlos, auch das gibt’s natürlich, was bei mir jetzt eher selten passiert 😊 Jemand anderes wird schwer oder müde. Bei meinem Mann beobachte ich zum Beispiel, dass er so müde wird, dass er tatsächlich einschläft.
Das ist ganz interessant, dass jeder Körper so seine eigene Strategie entwickelt.
A: Es geht ja immer darum ein Ziel zu haben, und das Ziel kann Wohlbefinden sein oder ein glückliches Leben oder auch ein ganz großes Ziel, z.B. erfolgreich als CEO einer großen Firma zu sein. Egal was das Ziel ist, das Wichtige ist, dass man auf dem Weg zum Ziel hinschaut bei sich selber.
Manchmal – fast immer – gibt es Umwege oder Hürden auf dem Weg, die man eben überwinden muss. Dabei zu merken, wenn etwas nicht passt, ist ein ganz wichtiger Teil?
P: Ja, das sehe ich auch so. Diese Dinge helfen wirklich helfen zu sehen, ob das Ziel wirklich gut passt. Ich habe Bankkauffrau gelernt. Wenn ich heute zurückdenke, war das ein Jahrzehntefehler, da es nicht mein Beruf ist. Ich habe den Beruf gut gemacht, es war auch echt ok, ich hatte tolle Kollegen, es war auch eine wahnsinnig tolle Lernerfahrung. Aber mein Weg wäre ein anderer gewesen, denn das war das Ziel meiner Mutter.
Damals habe ich das noch nicht so gesehen. Deshalb schaue ich heute genauer hin. Wenn Menschen zu mir sagen: „Petra, das kannst Du doch nicht machen!“ höre ich zu und bleibe bei mir. Auch wenn 100 Menschen sagen, dass ich das nicht machen kann! Wenn ich das Gefühl habe, dass es richtig ist, dann mache ich das.
A: Oh ja! Das passt wunderbar zu meinem Beispiel am Anfang. Du glaubst nicht, wie viele Menschen es gibt, die Dir sagen, was Du tun sollst, wenn es um die Mutter geht oder um das Verfolgen Deiner eigenen Wünsche! Die Wünsche anderer zu erfüllen, weil es „einfacher“ ist, ist immer noch sehr verbreitet.
Da ist Achtsamkeit gefragt, um zu sich klar zu machen, was wirklich zu mir passt! Die vermeintlich einfachere Lösung ist selten die bessere!
P: Das ist das, was ich meine. Der Körper gibt einem immer wieder die Signale, diese können ganz unterschiedlich sein. In ganz vielen Facetten. Jeder Mensch ist anders, aber unser Körper ist ein gutes Barometer für unser Wohlbefinden. Ich glaube, da geht es wirklich drum, hinzuhören oder hinzuspüren. Und dann das auch wirklich zu benennen und es transparent zu machen.
A: … und – wenn man es alleine nicht schafft kann man sich immer Hilfe holen. Der Unterschied zwischen einem fremdbestimmten Ziel und einem selbst bestimmten Ziel macht auch den Unterschied beim Durchhalten.
Ich meine, wenn ich versuche, ein Ziel zu leben, das irgendjemandes Ziel ist, dann fehlt mir die innere Überzeugung. Ich setze nicht alles daran, es zu erreichen. Ich glaube, es ist auch so ein Indikator oder? Ziele, Wünsche, Träume haben wir alle. Aber sie gehen nicht alle gleich in Erfüllung. Manchmal muss man einfach durchhalten und dranbleiben. Das fällt viel leichter, wenn es das eigene Ziel ist, dann kann ich aus tiefster Überzeugung sagen: „Ja, ich will das, das passt zu mir und das gehört zu mir und das ist auf meinem Lebensweg!“
Ich bin nach dem Studium nach Ostfriesland umgezogen, weil ich gemeint habe, da ist der Job meines Lebens. Alles in mir hat gesagt, nein, geh’ nicht dahin, aber ich habe es gemacht, weil es ist ja der Job meines Lebens war! Nach einem halben Jahr war ich tot-unglücklich, habe die Reißleine gezogen, habe gekündigt und bin ganz schnell wieder weg, einfach weil ich gemerkt habe, das tut mir gar nicht gut.
Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte, aber immerhin. Hier funktionierte das Durchhalten überhaupt nicht.
P: Oh ja, das kenne ich! Ich hatte vor ein paar Jahren das Ziel, von der Selbstständigkeit wieder in das Angestelltenverhältnis zu kommen. Ich habe mir alle möglichen Stellenausschreibungen im Internet angeschaut und überlegt, was das Richtige ist.
Dann war eine Stelle ausgeschrieben bei einem großen Konzern. Ich habe sofort angerufen, die nette Dame meinte: „tut mir leid, die Stelle ist bereits besetzt“. Ich dachte mir: „ok, dann ist es halt so!”. Zwei Wochen später war die Stelle wieder drin. Dann rief ich die Dame wieder an und fragte, warum die Stelle immer noch drin sei. Sie meinte, es gäbe wohl Probleme und so weiter, aber sie hätten schon jemand. Ich wollte daraufhin den zuständigen Sachbearbeiter sprechen und zwar sofort. Dies wurde mir dann verweigert.
Dann habe ich eben an den Vorstand dieses Konzerns eine E-Mail geschrieben, denn ich wollte diese Stelle haben. Innerhalb von zwei Wochen hatte ich eine Rückmeldung, ein Vorstellungsgespräch und … die Stelle! Damals war es mein Traumjob.
Hätte ich nicht nochmal geschaut, denn irgendwas hat mich getrieben, dann hätte ich die Stelle nie bekommen. Dranbleiben und lieber nochmal nachfragen!
Mein Leben hat sich daraufhin schlagartig verändert. Ich hatte diesen Job, der war toll, allerdings ist meine Ehe dann unter anderem durch diesen Job geschieden worden. Ich stand auf eigenen Füßen, habe so viel Geld verdient, dass ich gut für mich und meine Kinder sorgen konnte. Es gibt eben manchmal Folgeauswirkungen, die machen uns Menschen einfach manchmal Angst.
A: Ein ganz wichtiger Punkt! Ich glaube, wenn man sich der Auswirkungen nicht wirklich bewusst ist, macht man das eher.
Später fängt man dann an nachzudenken, was alles war und hätte man doch… und vielleicht… und überhaupt… Da ist es wichtig, auch wieder den Fokus zu lenken darauf, dass es die eigene Entscheidung war und zu diesem Zeitpunkt auch die richtige.
Manchmal fühlen sich Dinge, die erst einmal super negativ sind, im Nachhinein richtig an – oder eben umgekehrt. Aber das merkt man erst, wenn man die Dinge umsetzt.
P: Man kann auch alle Entscheidungen wieder jederzeit rückgängig machen. Wirklich jederzeit. Die einzige Entscheidung die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist der Tod, weil der nun mal endgültig ist. Aber alles andere kannst Du wieder rückgängig machen. Du kannst ein Haus kaufen und es morgen wieder verkaufen. Mit den Konsequenzen natürlich. Du kannst heute einen Job anfangen und kannst ihn morgen wieder hinschmeißen. Mit den Konsequenzen. Und ich glaube, sich das wieder bewusst zu machen, dass ich dann, wenn ich merke, dass es der falsche Weg war, einen anderen einschlagen kann – das wirkt.
A: Eine Entscheidung rückgängig machen würde heißen, ich kann im Nachhinein etwas tun. Es geht doch darum, eine neue Entscheidung zu treffen, basierend auf dem, was ich heute weiß.
Das finde ich auch extrem wichtig. Mir ging es so, als ich diese Scheune ausgebaut habe. Ich habe monatelang überlegt, ob ich es machen soll, hatte die Befürchtung, dann zu gebunden zu sein und so weiter. Bis mir irgendwann klar wurde, dass ich diesen Umbau jetzt machen werde, weil genau das jetzt für mich wichtig und richtig war. Mit der klaren Entscheidung, dass ich verkaufen oder vermieten kann, wenn ich woanders leben will.
Entscheidung sind für heute, nicht für die Zukunft. Es geht um heute und jetzt. Es geht darum, dass man eine Entscheidung trifft, basierend auf dem, was man heute weiß.
P: Auch hier geht es darum, auf die inneren Anteile zu hören. Auch wenn sie ein wenig mit einander rangeln – so schlägt man dann den richtigen Weg ein.
Wie hat Ihnen dieses Interview gefallen? Ich freue mich über Ihre Rückmeldungen.
Einen wundervollen Tag wünscht
Angelika Mändle
Ihre Expertin für Krisenintelligenz